Zu jedem Schützenfest in Traar ist es Traditon, eine Festschrift herauszugeben. Hierin stellen sich der Verein, die Schützengruppen und dem Schützenwesen wohlgesonnene Firmen als Unterstützer vor. An dieser Stelle zeigen wir die historischen Festschriften seit dem Jahr 1953.
Bilder aller Königspaare seit 1850
...alle bekannten Schützenkönige und -königinnen seit der Gründung der
,,Traarer Schützengesellschaft”, der Vorgängerin des heutigen Bürgerschützenverein:
2023 Lukas von der Weyden - Vera Schubert | 1983 Hans Korfmacher - Brigitte Korfmacher | 1903 Otto Schmitz - Agnes Höste |
2019 Günter Weissmann - Marita Weissmann | 1978 Hartmut Schymitzek - Margot Schymitzek | 1893 Josef Kreutzer - Elise Wittman |
2015 Norbert Lux - Esta Wolff | 1973 Adolf Kempen - Irmgard Kempen | 1883 Peter Wittmann - Marga Bieseman |
2011 Ulrich Gerresheim - Petra Gerresheim | 1968 Helmut Schäfer - Gertrud Schäfer | 1873 Wilhelm Knipscher - Josephine Stöffges |
2007 Christoph Weber - Ute Weber | 1963 Bernd Giesbertz - Elisabeth Giesbertz | 1863 Franz Grotenburg - Anna Worm |
2003 Wilfried Figulla - Marion Figulla | 1958 Heinrich Müller - Christel Müller | 1853 Johann Theisen - Louise Schauenburg |
1998 Paul Hoffmann - Sabine Hoffmann | 1953 Wilhelm Rexforth - Paula Rexforth | 1852 Mathias Bovenschen - Regina Dornbusch |
1993 Erwin Pauels - Helga Pauels | 1933 Wilhelm Dornbusch - Änne Lemmen | 1851 Benjamin Schmitz - (unbekannt) |
1988 Wolfgang Feld - Rosemarie Feld | 1913 Edmund von Holtum jr. - Maria Schmitz | 1850 Franz Dahmen - Wwe.Schmitz |
Bildergalerie der Majestäten seit 1913
Die historische Bedeutung der Traarer Schützen in der Bevölkerung
Über die Anfänge des Schützenwesens in Traar existieren heute nur noch wenige Dokumente, die keinen vollständigen Überblick über die Entstehung und Entwicklung des Schützenlebens in Traar erlauben. Gleichwohl ist es eine reizvolle Aufgabe, anhand der bruchstückhaften Informationen, die heute noch verfügbar sind, eine geschichtliche Betrachtung zu versuchen, die notwendigerweise Lücken aufweisen muss.
Schützengesellschaft von Rath und Vennikel
Theodor Giesberts hat früher (im Festbuch zum Schützenfest von 1973 und zuletzt in: Leben in Traar, Haus- und Heimatbuch, 1991, Seite 272 ff.) schon berichtet, daß er im Archiv der kath. Pfarrkirche von Traar zwei Urkunden entdeckte, welche auf die Ursprünge des Schützenwesens in Traar hinweisen. Auf dem ältesten Dokument vom 3. August 18 12 gibt der Baron Friedrich August von Kleist, Besitzer der Burg Rath, eine „Specification über das Schützen-Silber". Danach waren 1810 ohne den Vogel 63 Silber-Stücke vorhanden. Davon hat Baron Kleist seinerzeit insgesamt 27 Stücke abgenommen, um dafür auf Ersuchen der Schützengesellschaft zwei neue Brudermeisterstäbe anfertigen zu lassen. Es ist zwar nicht sicher, aber doch zu vermuten, dass es sich bei den 63 Stück Silber um Königsschilde handelte. Wenn weiter unterstellt wird, dass damals jährlich ein Vogelschießen und Schützenfest veranstaltet wurde, so steht recht sicher fest, dass die Anfänge des Schützenwesens auf dem Gebiet des heutigen Traar, welches damals aus den Honschaften Rath und Vennikel bestand, mindestens bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts zurückgehen.
Über das Schicksal der restlichen 36 Silberplatten der Schützengesellschaft von Rath und Vennikel verhält sich eine weitere Urkunde aus dem Traarer Pfarrarchiv, auf die Theodor Giesberts bereits hingewiesen hat. Danach erklärten am 5. Juli 1832 die „unterzeichneten Mitglieder der Schützengesellschaft von Rath und Vennikel" sich damit einverstanden, daß ihr Königssilber verkauft und der Ertrag verzinslich angelegt werden sollte unter der Bedingung, dass das Kapital samt den Zinsen später für den Bau einer neuen Kapelle auf der Traarheide verwendet werden sollte. Der Bockumer Pfarrer Schmitz quittierte am 20. August 1832 den Empfang des Silbers. Mit dem Bau einer Kirche in Traar wurde wenig später begonnen; am 18. November 1834 wurde das Gotteshaus eingeweiht.
Die Trennung von dem gesamten Schützensilber bildet ein Indiz dafür, dass sich die Schützengesellschaft von Rath und Vennikel damals aufgelöst hat. Dieser Vorgang passt in das allgemeine Zeitgeschehen, denn am Ende des 18. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist generell ein Rückgang des Schützenwesens zu beobachten, der im Rheinland vor allem durch die Abtretung der linksrheinischen Gebiete an Frankreich sowie die Herrschaft Napoleons, aber auch die anfängliche Skepsis der protestantisch geprägten preußischen Regierung ausgelöst wurde.
Traarer Schützengesellschaft von 1850
Gleichfalls in Übereinstimmung mit der allgemeinen Entwicklung des Schützenwesens bildete sich im Jahre 1850 die neue „Traarer Schützengesellschaft". Das geht zweifelsfrei aus einem Protokoll vom 7. September 1851 hervor, welches sich zunächst über die auf ein Jahr befristete Wahl eines vierköpfigen Vorstandes verhält und dann weiter ausführt: „Die Schützengesellschaft hat bereits ein Jahr bestanden, und im 2 ten Jahr beschlossen, daß bei Herbstkirmes zwei Tage Musik gehalten werden sollten.
"Die Silberstücke der Schützenkönige aus den Jahren 1850, 1851, 1852 und 1853 sind heute noch an der Königskette befestigt. Die älteste Silberplatte aus dem Jahr 1850, die vom damaligen Schützenkönig Franz Dahmen gestiftet wurde, hat die Form eines Sternes. Die auffälligste Königsplakette in der Gestalt eines silbernen Vogels mit einer goldenen Krone stammt aus dem Jahr 1852. Sie kostete damals vier Thaler und 15 Silbergroschen und wurde von Schützenkönig Mathias Bovenschen gestiftet.
Das heute noch vorhandene „Handbuch der Traarer Schützengesellschaft" enthält neben dem Protokoll vom 7. September 1851 noch Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben in den Jahren 1851 bis 1856 und die Mitgliederverzeichnisse von 1852 bis 1855. Diese Aufzeichnungen geben interessante Einblicke in die Aktivitäten der damaligen Traarer Schützengesellschaft, die in den Jahren 1852 bis 1855 immer etwas mehr als 50 Mitglieder hatte. Die Aktivitäten der Traarer Schützengesellschaft beschränkten sich 1851 noch auf das alljährliche Vogelschießen und Schützenfest sowie auf das gesondert beschlossene zweitägige Fest anlässlich der Herbstkirmes. In den folgenden Jahren kamen noch eine Neujahrsfeier, ein Fastnachtsball, die Errichtung eines Maibaums sowie Feste zur Früh- und Herbstkirmes hinzu, wobei das jährliche Schützenfest immer mit einer Kirmes verbunden wurde. Für das Jahr 1856 ist nur noch eine Veranstaltung am Fastnachts-Montag (heute: Rosenmontag) verzeichnet; dann enden die Eintragungen.
Es deutet alles darauf hin, dass sich die Traarer Schützengesellschaft im Jahre 1856 aufgelöst hat. Der Grund für die Auflösung liegt vermutlich darin, dass die Einnahmen in den Jahren 1855 und 1856 zusehends hinter den Ausgaben zurückblieben. Die Sommerkirmes 1855 endete mit einer Unterdeckung von gut einem Thaler, der Verlust bei der Herbstkirmes 1855 belief sich auf gut 15 Thaler und der Fastnachts-Montag 1856 brachte nochmals einen Verlust von etwa 13 Thalern. Die Zusammensetzung der Einnahmen und Ausgaben der Traarer Schützengesellschaft von 1850 weist ebenfalls interessante Besonderheiten auf: Die Einnahmen setzen sich im wesentlichen aus Eintrittsgeldern und Mitgliedsbeiträgen zusammen; daneben werden aber auch Strafgelder und Einstände neuer Mitglieder bei den Einnahmen verbucht. Die Ausgaben bestehen zum überwiegenden Teil aus Kosten für Musikanten; darüber hinaus hat die Gesellschaft aber in jedem Jahr auch „Armengelder" ausgegeben.
Bürgerschützenverein zu Traar von 1863
Im Jahre 1863 wurde der Bürgerschützenverein zu Traar gegründet, dem ein Präsident, mehrere Vizepräsidenten und ein „Comitee" vorstanden. Die Zahl der Comitee-Mitglieder schwankte zwischen 13 im Jahre 1863 und 30 im Jahre 1913.
Über die Gründung dieses Vereins, welcher der unmittelbare Vorläufer des heutigen Vereins gewesen ist, liegen leider keine Dokumente mehr vor. Der Bürgerschützenverein von 1863 hat aber das alte Handbuch der Traarer Schützengesellschaft fortgeführt und darin die Namenslisten der Mitglieder sowie die Einnahmen und Ausgaben verzeichnet. Daneben ist in dem alten Handbuch noch das Protokoll einer Comitee-Sitzung vom 9. November 1893 enthalten. Die Aufzeichnungen in dem eigenen „Protocolt-Buch des Traarer Bürger-Schützen-Vereins", welches heute noch vorhanden ist und bis 1973 fortgeführt worden ist, beginnen leider erst im Jahre 1883.
Die Übernahme des Handbuches der Traarer Schützengesellschaft von 1850 weist auf eine Kontinuität des Traarer Schützenwesens hin. Dafür spricht auch eine Protokollnotiz aus dem Jahre 1883, wonach die Generalversammlung auf Vorschlag des Präsidenten Michael Kreifels beschloß, daß die alte Schützenfahne von 1850, die beim früheren General Bovenschen aufbewahrt wurde und dort ein Raub der Flammen geworden war, durch eine neu anzuschaffende Fahne ersetzt werden sollte. Auf der anderen Seite wurde im Jahre 1888 hervorgehoben, daß der Verein in diesem Jahr sein 25jähriges Bestehen feierte, was dafür spricht, daß die Vereinsmitglieder die Bildung des Bürgerschützenvereins zu Traar im Jahre 1863 als Neugründung ansahen.
Der Bürgerschützenverein zu Traar hielt seit 1863 alle zehn Jahre ein Vogelschießen und Schützenfest ab. Nur in den Jahren 1923 und 1943 fand wegen der besonderen wirtschaftlichen und politischen Lage kein Vogelschießen und Schützenfest statt. Die Beteiligung an all diesen Schützenfesten war enorm. Es nahmen jeweils zwischen 150 und 160 aktive Schützen an den Veranstaltungen und Umzügen teil; dieser Rahmen wurde nur im Jahre 1883 mit 109 aktiven Schützen unter- und im Jahre 1933 mit etwa 200 aktiven Schützen deutlich überschritten. Die Zahl der passiven Mitglieder steigerte sich kontinuierlich von 100 im Jahre 1863 auf ungefähr 400 im Jahre 1933.
Das Schützenleben, welches in Traar seit 1863 alle zehn Jahre stattfand, dauerte jeweils nur eine kurze, aber sehr intensive Zeit. Wenn ein Vogelschießen und Schützenfest anstand, berief der Präsident für Ostermontag eine Generalversammlung ein, bei der über die Durchführung eines Schützenfestes entschieden und das Präsidium sowie das Comitee neu gewählt wurden. In der Folgezeit tagte das Comitee fast wöchentlich; zusätzlich wurden noch ein bis zwei Generalversammlungen abgehalten, auf denen u.a. die Chargen versteigert wurden, wobei übrigens für die Position des Generals regelmäßig erheblich weniger geboten wurde als für niedere Chargen, insbesondere für das Amt des Fähnrichs oder „Doctors". Das Vogelschießen fand üblicherweise erst ein bis zwei Wochen vor dem Schützenfest statt, welches offiziell von sonntags bis dienstags abgehalten wurde, aber meistens schon samstags mit dem Eintreffen der besonders begehrten Militärmusik begann. Der Schützenkönig, der erst ganz kurz vor dem großen Fest ermittelt wurde, erhielt übrigens ein Königsgeld bzw. Königsgehalt, welches ursprünglich 12 Thaler betrug und bis auf 300 Mark im Jahre 1913 anstieg, wobei dem König später vorgegeben wurde, einen bestimmten Teil dieser Summe für seine Silberplatte zu verwenden. Im Sommer nach dem Schützenfest fand dann noch eine letzte Generalversammlung statt, auf welcher ein Rechenschaftsbericht abgegeben wurde und der Präsident mit der Anberaumung der nächsten Generalversammlung beauftragt wurde. Bis dahin ruhte das Vereinsleben dann grundsätzlich zehn Jahre lang.
Obgleich der Bürgerschützenverein zu Traar rückblickend nur alle zehn Jahre Vogelschießen und Schützenfest abgehalten hat, handelte es sich dabei nicht um eine starre Regel. Zum einen wurden auch in anderen Jahren Veranstaltungen durchgeführt. So veranstaltete der Verein beispielsweise im Jahre 1864 am 8. Februar einen Schützenball und am 3 1. Mai ein Scheibenschießen. Zum anderen gab es mehrmals Bestrebungen, Vogelschießen und Schützenfest außerhalb des Zehn Jahres-Rhythmus abzuhalten. Entsprechende Überlegungen sind zumindest für die Jahre 1888 und 1900 urkundlich belegt.
Die letzte Generalversammlung am 8. Juli 1883 fasste den Beschluss, „am Ostermontag im Jahre 1888 in dem jetzigen Vereinslokal bei Johann Stappert eine General-Versammlung durch den Präsidenten anzuberaumen". Dementsprechend wurde am Ostermontag, dem 2. April 1888, eine Versammlung des Bürgerschützenvereins Traar abgehalten, die anstelle des erkrankten Präsidenten Michael Kreifels das Comitee-Mitglied Johann Kreutzer leitete. Dieser trug den Wunsch des Präsidenten vor, „in Anbetracht der schlechten Zeiten und Verhältnisse in diesem Jahr kein Schützenfest zu feiern". Es meldeten sich Gegenstimmen aus der Versammlung, die „besonders im Interesse der Jugend" für die Durchführung eines Schützenfestes plädierten, „zumal der Verein in diesem Jahr sein 25jähriges Bestehen und der Herr Präsident Michael Kreifels sein 25jähriges Jubiläum feiern; nur aus diesen Gründen müsse unbedingt etwas geschehen".
Johann Kreutzer gab daraufhin bekannt, daß der Präsident auf alle zu seiner Ehre erwogenen Festlichkeiten verzichtete.Nach dem Sitzungsprotokoll wurde dann eine „heftige Diskussion geführt". Herr Kreutzer wurde schließlich gebeten, eine weitere Versammlung anzuberaumen, in welcher der Präsident selbst anwesend sein sollte. Diese weitere Versammlung fand am 22. April 1888 statt. Präsident Kreifels, der wieder genesen war, bestätigte zunächst die vorangegangenen Ausführungen von Johann Kreutzer. Er bedankte sich „für die ihm zu erweisende Ehre als Präsident des seit dem Jahre 1863 bestehenden Schützenvereins und hob nochmals hervor, daß unter den bereits am Ostermontag angesprochenen Gründen ein Schützenfest in diesem Jahr nicht gut gefeiert werden könnte". Dieser Auffassung des Präsidenten schloß sich die Versammlung nach einiger Diskussion an und faßte mit Stimmenmehrheit den Beschluß, in diesem Jahr kein Schützenfest zu feiern. Die nächste Generalversammlung sollte am Ostermontag im Jahre 1893 abgehalten werden.
Ein anderer Versuch, von dem Zehn-Jahres-Rhythmus der Schützenfeste abzuweichen, wurde 1893 vom Comitee unternommen. Obwohl die letzte Generalversammlung am 25. Juni 1893 beschlossen hatte, daß die nächste Generalversammlung erst am Ostermontag im Jahre 1903 stattfinden sollte, faßte das Comitee auf einer Versammlung am 9. November 1893 den einstimmigen Beschluß, daß das nächste Schützenfest nicht erst im Jahre 1903, sondern ausnahmsweise schon im Jahre 1900 stattfinden sollte. Die darauffolgenden Schützenfeste sollten dann wieder im Abstand von zehn Jahren abgehalten werden. Dementsprechend fand am 16. April 1900 eine Generalversammlung statt, auf welcher der Präsident Michael Kreifels vortrug, „daß das Comitee 1893 beschlossen habe, im Jahr 1900 Schützenfest zu feiern, ohne jedoch bedacht zu haben, daß in diesem Jahr die Kirmes gerade auf Pfingsten fiel". Es wurde sodann heftig darüber diskutiert, ob das Schützenfest in diesem Jahr gefeiert werden sollte oder ob man noch ein Jahr warten sollte.
Schließlich beschloß die Versammlung, am Ostermontag im Jahre 1901 abermals eine Generalversammlung anzuberaumen und im Jahre 1900 auf das Schützenfest zu verzichten. Die nächste Generalversammlung am 8. April 1901 beschloß dann „nach einigem heftigen Für und Gegen", das Schützenfest auch in diesem Jahr nicht zu feiern, sondern bis 1903 zu warten.
Schützenfest 1913
Eine Sondersitzung des Comites fand übrigens auch am 6. September 1914 statt. Auf der Tagesordnung stand nur ein Thema, und zwar „die Unterstützung der hilfsbedürftigen Bürger von Traar während der Kriegszeit". Der neue Präsident Wilhelm Hilden stellte den Antrag, die hilfsbedürftigen Bürger und Arbeitslosen zu unterstützen. Das Comitee beschloss einstimmig, von dem vorhandenen Bestand von ca. 700 Mark einen Betrag von 300 Mark dem Präsidenten für diesen Zweck zur Verfügung zu stellen.
Die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts fallen wie gesagt aus dem Veranstaltungsturnus des Bürgerschützenvereins heraus. Am 2. April 1923 wurde eine Generalversammlung abgehalten zu der „Kardinalfrage: Sollen wir dieses Jahr Schützenfest feiern oder nicht?". Präsident Hilden sprach sich wegen der politischen und finanziellen Lage für eine Vertagung um ein Jahr aus. Die anschließende Diskussion verlief kontrovers. Am Ende wurde beschlossen, drei Wochen später eine weitere Versammlung zu halten und vorher eine ComiteeSitzung zur weiteren Vorberatung durchzuführen. Auf der anschließenden Comitee-Sitzung am 13. April 1923 wurde von der Durchführung eines Schützenfestes in diesem Jahr abgesehen und statt dessen - entsprechend einer Anregung aus der Generalversammlung - vorgeschlagen, ein eintägiges Volksfest am 8. Juli 1923 abzuhalten. Die nachfolgende Versammlung am 22. April 1923 sprach sich aber mit 29 zu 24 Stimmen gegen diesen Vorschlag aus und erteilte den Auftrag, die nächste Generalversammlung am Ostermontag 1924 einzuberufen.
Am 21. April 1924 beschloss die Generalversammlung nach längerer Diskussion wiederum, „wegen der schlechten Zeit" auch in diesem Jahr von einem Schützenfest abzusehen und eine neue Generalversammlung im nächsten Jahr durchzuführen. Die Generalversammlung am 15. März 1925, die nach dem Ableben des Präsidenten Hilden von dem Vizepräsidenten Edmund von Holtum sen. eröffnet wurde, wählte zunächst einen neuen Vorstand mit dem Präsidenten Benjamin Schmitz an der Spitze. Hinsichtlich der Veranstaltung eines Schützenfestes in diesem Jahr führte der Protokollführer aus: „Mit Rücksicht auf die politische Lage und in Anbetracht des 75jährigen Jubelfestes des hiesigen Männergesangvereins wurde von einer Veranstaltung Abstand genommen. Dieser Punkt wurde bis zum Jahr 1926 zurückgestellt." Auf der gut besuchten Generalversammlung am 21. März 1926 wurde erneut gefragt, wie sich die Versammlung zur Abhaltung eines Schützenfestes im Jahre 1926 stellte. Die Versammlung war im Prinzip für die Abhaltung eines Schützenfestes. Der Vorstand hatte aber Bedenken bzgl. der Finanzierung. Schließlich wurde - ganz fortschrittlich und basisdemokratisch - die Durchführung einer Volksbefragung beschlossen. Vertrauensleute sollten die Einwohner mit Listen besuchen und letztere sollten sich durch ihre Unterschrift für die Abhaltung eines Schützenfestes aussprechen und sich gleichzeitig zur Beitragszahlung verpflichten. Die folgende Generalversammlung am 5. April 1926 wurde nur noch von 16 Schützen besucht. Ganze sieben Einwohner hatten sich in die Listen eingetragen und somit für die Abhaltung eines Schützenfestes ausgesprochen. Dazu merkte der Schriftführer an: „Diese fast einmütige Haltung der Einwohnerschaft gab klar und deutlich zu erkennen, dass sie sich des Ernsts der gegenwärtigen wirtschaftlichen Notlage wohl bewusst ist." Das Schützenfest wurde nochmals um ein Jahr verschoben, die nächste Generalversammlung sollte 1927 stattfinden. Im Jahre 1927 wurde jedoch gar keine Generalversammlung mehr durchgeführt. Nach vier vergeblichen Anläufen fand in den 20er Jahren endgültig kein Schützenfest statt.
Schützenfest 1933
Schließlich war auch die Durchführung des letzten Schützenfestes vor dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1933 nicht von Anfang an gesichert. In der ersten Sitzung am 12. April 1933 war der Vorstand vielmehr der Meinung, „dass die wirtschaftliche Lage ein solches Fest nicht rechtfertige". Daneben waren nach Ansicht des Vorstandes aber auch noch andere Momente zu berücksichtigen, insbesondere „die nationale Bewegung im Jahre 1933". Der Vorstand entschloss sich daher, „die Vorsitzenden der örtlichen Vereine zu einer Befragung einzuladen, um durch sie die Stimmung der Bevölkerung kennenzulernen". Außerdem sollten dazu zwei Vertreter der nationalen Parteien eingeladen werden. Auf der Versammlung der örtlichen Vereine am 26. April 1933, wo z. B. die Orchestervereinigung, der Männergesangverein, der Kath. Arbeiterverein, der Pfarr-Cäcilien-Chor, die Feuerwehr, die Sanitäterkolonne, der Reiterverein, der Turnverein und die Bürgergesellschaft Klieth vertreten waren, wurde die Frage der Durchführung eines Schützenfestes im Jahre 1933 kontrovers diskutiert. Ein „Vertreter der nationalen Parteien" äußerte den neuen Gedanken, „dass das Schützenfest geeignet sei, den Wehrgedanken zu fördern." Schließlich hieß die Versammlung das Schützenfest gut und bestimmte die Frühjahrskirmes als Termin, wobei das Vogelschießen „acht Tage vorher" stattfinden sollte. Da die Kirmes in diesem Jahr auf das Pfingstfest fiel, sollte der Pfingstsonntag von jeglicher Festlichkeit freibleiben. Die Generalversammlung am 30. April 1933 nahm diesen Vorschlag an und beschloss, am Pfingstmontag und -dienstag ein Schützenfest abzuhalten.
Im Jahre 1943 fand wegen des Zweiten Weltkrieges bekanntlich kein Vogelschießen und Schützenfest statt. Die nächste Generalversammlung wurde erst am 6. April 1953 im Saale Antons durchgeführt. Dabei sprach der amtierende Präsident Benny Schmitz „seine Bedenken, die besonders in der finanziellen und wirtschaftlichen Lage zu suchen seien, gegen die Abhaltung eines Schützenfestes aus". Gleichwohl beschloss die Versammlung „nach lebhafter Debatte" bei zwei Gegenstimmen, das Schützenfest an den Frühjahrskirmestagen abzuhalten. Vorstand und Arbeitsausschuss wurden neu gewählt, wobei der Vorstand aus sechs Mitgliedern und der Arbeitsausschuss aus 45 Mitgliedern bestand. Das Alter der Aktiven wurde auf 16 bis 30 Jahre festgesetzt. Beim Vogelschießen am 16. Mai 1953 in der Sandgrube Rinsch errang Wilhelm Rexforth die Königswürde. Er wählte erstmals in der Geschichte des Traarer Schützenwesens seine Ehefrau als Schützenkönigin. Alle nachfolgenden Schützenkönige sind diesem Beispiel gefolgt. Nach dem Schützenfest 1953 verblieb ein Kassenbestand von 662,65 DM. Die letzte Generalversammlung am 30. August 1953 beschloss, diesen Überschuss u.a. für die Instandsetzung des Kreuzes an der Ecke Rather Straße/An der Elfrather Mühle und für die Bezuschussung der Sankt Martins-Kostüme zu verwenden. Der verbleibende Rest sollte in gleichen Teilen an die katholische und evangelische Kirche gehen. Am Ende beschloss die Versammlung, Ostermontag 1958 eine Versammlung einzuberufen, die darüber entscheiden soll, ob das Schützenfest nicht alle fünf Jahre stattfinden sollte.
Schützenfest 1953
Um etwas mehr Zeit für die Festvorbereitungen zu haben, wurde die nächste Generalversammlung jedoch nicht erst Ostermontag 1958, sondern schon für den 4. November 1957 einberufen. Sie diente vor allem der „Klärung der Frage, ob entgegen der Tradition das nächste Schützenfest schon im Jahre 1958 stattfinden solle. Mit großer Mehrheit bekundete die Versammlung den Willen Veranstaltung dieses Schützenfestes". Dadurch wurde eine ganz wesentliche Änderung des Schützenlebens in Traar vollzogen: Die Traarer Schützenfeste wurden nicht mehr im zehnjährigen Abstand, sondern alle fünf Jahre veranstaltet. Die Gründung eines ständigen Schützenvereins wurde von der Generalversammlung im Jahre 1958 allerdings noch abgelehnt. Beibehalten wurde 1958 im Übrigen die alte Regelung, dass alle Traarer Bürger, die weder aktives noch passives Mitglied des Schützenvereins waren, keinen Zutritt zu den Festveranstaltungen im Zelt hatten.
Schützenfest 1958
Nach dem neuen Turnus fand das nächste Schützenfest in Traar 1963 statt. In der Folgezeit wurde ohne Unterbrechung alle fünf Jahre ein großes Schützenfest durchgeführt. Da viele Leser diesen Teil der Vereinsgeschichte selbst miterlebt haben, soll an dieser Stelle auf eine detaillierte Darstellung verzichtet werden. Im Übrigen ist diese Entwicklung in den Festschriften, die seit 1933 zu jedem Schützenfest herausgegeben worden sind, bereits im Einzelnen dokumentiert worden. Aus der jüngeren Vereinsgeschichte soll hier deshalb nur noch erwähnt werden, dass es bis zum Schützenfest 1988 prinzipiell dabei blieb, dass der Bürgerschützenverein seine Aktivitäten nach jedem Schützenfest einstellte und erst frühestens eineinhalb Jahre vor dem nächsten Schützenfest wieder zum Leben erweckt wurde.
Nachdem der Bürgerschützenverein im Sommer 1991 im Hinblick auf das bevorstehende Schützenfest 1993 wieder aktiv geworden war, beschloss die Jahreshauptversammlung am 24. Januar 1992 die Gründung eines eingetragenen Vereins und verabschiedete gleichzeitig erstmals eine Vereinssatzung. Durch den Hinweis auf das Jahr 1850 im neuen Vereinsnamen sollte deutlich gemacht werden, dass der Verein sich als Nachfolger der Traarer Schützengesellschaft von 1850 ansieht und der alten Tradition verbunden bleibt.
Der Bürgerschützenverein wurde sodann am 25. März 1992 beim Amtsgericht Krefeld in das Vereinsregister eingetragen. Für die Umwandlung in einen eingetragenen Verein sprachen damals zahlreiche Gründe. Vor allem hatten die Traarer Schützenfeste eine solche Größenordnung erreicht, die eine viel längere Vorbereitungszeit und eine kontinuierliche Vereinsarbeit erforderte. Als weitere Konsequenz aus der geänderten wurde auch das Vogelschießen jeweils in den Herbst des Vorjahres vorverlegt, so dass erstmals für das Schützenfest 1993 der König schon am 13. September 1992 ermittelt wurde.
Die Begeisterung der Bevölkerung für das Schützenwesen ist in Traar erfreulicherweise nach wie vor ungebrochen. Zu den Schützenfesten werden die Häuser und Straßen von den Anwohnern bunt geschmückt, und die Zahl der aktiven und passiven Mitglieder des Bürgerschützenvereins wächst immer weiter. Am Schützenfest 1998 haben sich fast 420 aktive Traarer Schützen in 27 Gruppen beteiligt. Bei Traarer Schützenfesten haben alteingesessene und neuzugezogene Bürgerinnen und Bürger gute Gelegenheiten, einander näher zu kommen und Freundschaften zu entwickeln. Das Schützenwesen verbindet in Traar auch alle Generationen miteinander. Hier feiern jung und alt gemeinsam, was gerade in der heutigen Zeit immer weniger vorkommt. Dem Bürgerschützenverein bleibt zu wünschen, dass er diese verbindende Kraft auch in Zukunft behält und dadurch eine wichtige Aufgabe für das Gemeinwesen erfüllen kann.
Das alleinige Urheberrecht dieses Beitrags liegt beim Verfasser Dr. Walter Potthast.
Die Entwicklung des Traarer Schützenwesens in den 1950er Jahren
Der Wiederbeginn war für die Traarer Schützen Anfang der 1950er Jahre nicht ganz einfach. Nach dem Ende des grausamen Zweiten Weltkriegs war manchen nicht danach zumute, fröhliche Feste zu feiern. Es kam noch hinzu, dass zahlreiche Familien in der Nachkriegszeit unter finanziellen Problemen litten. Auf der anderen Seite gab es bei vielen den verständlichen Wunsch, nach den entbehrungsreichen Kriegsjahren endlich mal wieder zünftig zu feiern. Einige Traarer hatten zudem 1951 sowie 1952 die Schützenfeste in Bockum miterlebt und waren davon sehr angetan. So wurde an den Stammtischen in Traar intensiv darüber diskutiert, ob 1953 in Traar wieder ein Schützenfest gefeiert werden sollte.
Die Entscheidung fiel schließlich auf einer Generalversammlung am 6. April 1953, die im Saale Antons (heute: Ristorante Bella Napoli) stattfand. Der amtierende Präsident Benny Schmitz eröffnete die Versammlung, begrüßte die Erschienenen und gedachte der Verstorbenen des Vereins. Den weiteren Ablauf hielt der 1. Schriftführer Albert Groß in seinem Protokoll wie folgt fest:
„Sodann legte er in kurzen Worten den Sinn und die Bedeutung des Schützenvereins auseinander und sprach seine Bedenken, die besonders in der finanziellen und wirtschaftlichen Lage zu suchen seien, gegen die Abhaltung eines Schützenfestes aus. Nach lebhafter Debatte beschloss die Versammlung gegen 2 Stimmen, das Schützenfest an den Frühjahrskirmestagen abzuhalten.“
Nachdem Präsident Benny Schmitz aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten und zum Ehrenpräsidenten ernannt worden war, wählte die Versammlung einen neuen, sechsköpfigen Vorstand mit Präsident Heinrich Müller sen. und Vizepräsident Wilhelm Rexforth an der Spitze. Außerdem wurden sage und schreibe 45 Mitglieder in den Arbeitsausschuss gewählt.
Die Generalversammlung am 6. April 1953 legte für die aktiven Schützen auch ein Mindestalter von 18 Jahren fest. Diese Entscheidung wurde in einer weiteren Generalversammlung am 19. April 1953 allerdings revidiert. Die zweite Generalversammlung beschloss, das Alter der Aktiven von 16 bis 30 Jahren festzusetzen. Wer älter als 30 Jahre war, durfte also nicht mehr aktiv am Schützenfest teilnehmen.
Das Vogelschießen fand am 14. Mai 1953 statt. Der Vorstand, der Arbeitsausschuss und die aktiven Schützen traten um 14:00 Uhr vor dem Zentralhof Jansen (heute: Restaurant Nostalgia) an. Der frühere König Wilhelm I. (Dornbusch) schritt in Begleitung des Präsidenten und des Generals die Front ab. Hierauf marschierte der Schützenzug zum Schießplatz in der Sandgrube Rinsch (heute: Tennisanlage), wo Präsident Heinrich Müller sen. den Schießwettbewerb eröffnete. Mit dem 290. Schuss holte Wilhelm Rexforth den Vogel von der Stange und errang dadurch die Königswürde. Er ernannte Lorenz Marx zum Außenminister, Anton Schmitz zum Innenminister, Karl Spelberg zum Finanzminister und Dr. Heinz-Werner Spelberg zum Kriegsminister.
Wilhelm Rexforth beim Königsschuss
Der neue Schützenkönig Wilhelm II. (Rexforth) wählte außerdem seine Frau Paula als Schützenkönigin aus. Damit herrschte erstmals in der Traarer Schützengeschichte ein Ehepaar über das Königreich Traar. Vorher waren die Königspaare stets unverheiratet gewesen.
Gleich nach der Proklamation störten die Freischärler, wie die heutigen Freien Bauern damals noch hießen, die zünftige Feier zu Ehren des neuen Königshauses. Ihr Kommandant Jakob van Bommel erklärte dem gerade erst gekürten König Wilhelm II. (Rexforth) den Krieg.
Die Kriegserklärung vom 14. Mai 1953
Am ersten Wochenende im Juni fand das Schützenfest parallel zur traditionellen Frühjahrskirmes statt. Stolze 235 aktive Schützen wirkten daran mit und feierten vier Tage lang vom 6. bis 9. Juni 1953. Die mit Abstand größten Formationen stellten die Schützen mit 66 Aktiven und die Grenadiere mit 52 Aktiven. Die übrigen aktiven Mitglieder verteilten sich einerseits auf Generalstab, Fahnenabordnung sowie Sanitätsdienst und andererseits auf sieben Gruppen, denen jeweils zwischen 10 und 16 Aktive angehörten. Es handelte sich dabei um die Schill’sche Offiziere, die Roten Husaren, die Schwarzen Husaren, die Blauen Husaren, die Ulanen, die Grünen Jäger und die Freischärler, die auch „Transval Bauern“ hießen.
Am Samstag, dem 6. Juni 1953, begannen die Feierlichkeiten mit dem Festbankett im Zelt, bei dem Oberbürgermeister Johannes Hauser die Festrede hielt und Königin Paula I. (Rexforth) krönte.
Oberbürgermeister Hauser bei der Krönung von Königin Paula I. (Rexforth)
Nach der Treueerklärung von General Peter Küppenbender folgte eine Erklärung von Jakob van Bommel, dem Kommandanten der Freischaren. Dieser trug zwar eine schmucke Uniform, der Chronist vermerkte jedoch, dass der Burengeneral von Ehre, Freiheit und Krieg sprach und dass seine Rede „gefährlich und drohend“ wirkte.
Jakob van Bommel bei seiner Ansprache vor dem Thron
Am Sonntag, dem 7. Juni 1953, fand nach dem Kirchgang die Königsparade am Rathaus statt. Während die Schützen im Stechschritt vor ihrem König Wilhelm II. (Rexforth) und seinen Ministern präsentierten, überreichte der Adjutant des Rebellengenerals eine letzte Erklärung der Freischärler, die ein Ultimatum bis zum Mittag des 9. Juni 1953 enthielt.
Davon ließen sich die feiernden Traarer indes nur kurz irritieren. Sonntags und montags konnten sie die Paraden, Umzüge und Bälle ungestört durchführen. Sie genossen die Festtage und ließen sich ihre gute Laune nicht verderben.
Das Königshaus vor der Abholung zum Festzug
Als die Sonne am Dienstag, dem 9. Juni 1953, ihren Höchststand erreicht hatte, beschlich die Traarer Schützen allerdings ein mulmiges Gefühl. Wegen des abgelaufenen Ultimatums der Rebellen und Gerüchten über die Errichtung von Barrikaden wurde der Königswagen doppelt bewacht. Der Festzug wurde von den Schill’schen Offizieren angeführt, die aber bei Winkmann (heute: Traarer Krug) zu den Rebellen überliefen. Nach erbitterten Barrikadenkämpfen, die auch auf den angrenzenden Wiesen fortgeführt wurden, waren die Aufständischen geschlagen. Die königstreuen Schützen nahmen sie gefangen und führten sie ab.
Im Festzelt ergaben sich unterwartete neue Probleme: Eine Abordnung von König Theo I. (Giesberts) aus dem benachbarten Verberg erschien und stellte – so der Chronist – „unverschämte Forderungen“. Die Abordnung verlas eine Erklärung des Verberger Königs, wonach dieser die vom Königreich Traar annektierten Gebiete zwischen Häusinger und Hecker, auch „Klied“ genannt, zurückforderte und die dort wohnenden Offiziere und Mannschaften für sich beanspruchte.
Nachdem König Wilhelm II. (Rexforth) diese Forderungen aus Verberg entschieden zurückgewiesen hatte, begab sich das Königshaus zum Abendessen in den Zentralhof Jansen (heute: Restaurant Nostalgia). Währenddessen brachen die gefangenen Rebellen aus, überwältigten die Wachen und nahmen den König samt Ministern gefangen. Im Festzelt rief derweil ein Schill’scher Offizier schon die Republik aus, doch schließlich willigten die Rebellen ein, das Königshaus für einen Anker Bier wieder freizulassen.
Im Festzelt verkündete daraufhin Kriegsminister Dr. Heinz-Werner Spelberg das Urteil des Kriegsgerichts. Die Schill’schen Offiziere wurden wegen Fahnenflucht zum Tode durch Erschießen verurteilt. Das Urteil war sofort zu vollstrecken. Demgegenüber kamen die Rebellen von Traar sehr glimpflich davon. Sie wurden nur mit einem Fass Bier bestraft.
Kriegsminister Dr. Heinz-Werner Spelberg bei der Urteilsverkündung
Es folgte vor aller Augen im Zelt die gespielte Erschießung der Schill’schen Offiziere durch ein Exekutionskommando der Schützen. Nach der ersten Salve blieb mit Peter Versteegen nur noch ein Schill’scher Offizier stehen, der nach der zweiten Salve aber ebenfalls fiel.
Nach Fortsetzung des Königs-Gala-Balls verkündete der Kriegsminister auf Befehl des Königs noch zahlreiche Beförderungen von Offizieren und Mannschaften, die sich bei den Kämpfen ausgezeichnet hatten. Zum Abschluss traten die Roten Husaren noch einmal vor den Thron und überreichten dem Finanzminister einen Besen. Er sollte damit „alle Ecken und Taschen ausfegen, ob sich noch was findet, um die Verpflegung aufzubessern“. Damit ging ein glanzvolles Schützenfest zu Ende.
Auf einer Generalversammlung am 30. August 1953 im Zentralhof Jansen berichtete der 1. Kassierer Paul Esters, dass die Einnahmen des Bürgerschützenvereins 14.097,22 DM betrugen. Dem standen Ausgaben von 13.434,57 DM gegenüber, so dass ein Überschuss in Höhe von 662,65 DM verblieb. Davon sollten Schärpen für die 2. Fahne angeschafft, ein Wegekreuz an der Rather Straße instandgesetzt und die Anschaffung der Kostüme für St. Martin bezuschusst werden. Wenn danach noch etwas übrigblieb, so sollte der Rest zu gleichen Teilen an die katholische und evangelische Kirche fließen.
Die Traarer Schützen waren von dem gelungenen Schützenfest so begeistert, dass die Generalversammlung am 30. August 1953 vor der Auflösung des Vereins laut Protokoll noch beschloss, „Ostermontag 1958 eine Versammlung einzuberufen, die darüber entscheiden soll, ob das Schützenfest nicht alle fünf Jahre stattfinden soll.“ Als Einberufer der Versammlung wurden der 1. Präsident Heinrich Müller sen. und der 2. Präsident Wilhelm Rexforth bestimmt.
Um etwas mehr Vorbereitungszeit zu haben, wurde die nächste Generalversammlung auf den 24. November 1957 vorverlegt. „Gegen 17:45 Uhr eröffnete der 1. Präsident Heinrich Müller sen. die gut besuchte Versammlung im Zentralhof Jansen. Alleiniger Punkt der Tagesordnung war die Klärung der Frage, ob entgegen der Tradition das nächste Schützenfest schon im Jahre 1958 stattfinden solle. Mit großer Mehrheit bekundete die Versammlung den Willen zur Veranstaltung dieses Schützenfestes“, wie Bernd Giesbertz als 1. Schriftführer in seinem Protokoll vermerkte.
Anschließend wählte die Versammlung am 24. November 1957 noch einen neuen, achtköpfigen Vorstand mit dem 1. Präsidenten Wilhelm Rexforth und dem 2. Präsidenten Heinrich Müller jun. an der Spitze. Zudem bildete sich ein Arbeitsausschuss der zunächst aus 29 Personen bestand, später aber auf 42 Mitglieder anwuchs.
Schließlich fasste die Generalversammlung am 24. November 1957 unter der Leitung des neu gewählten Präsidenten Wilhelm Rexforth noch einstimmig den Beschluss, dass die männliche Bevölkerung Traars von 18 bis 35 Jahren aktiv mitmachen sollte. Traarer Bürger, die älter als 35 Jahre waren, durften nun als Neuerung aktiv dabei sein, sollten sich ansonsten aber nach Möglichkeit als passive Mitglieder einschreiben lassen. Alle Traarer Bürger, die sich weder aktiv noch passiv am Schützenfest beteiligten, sollten keinen Zutritt zu den Festlichkeiten im Zelt haben.
In einer weiteren Generalversammlung am 24. Januar 1958 im Saale Winkmann, zu der sage und schreibe 174 Personen erschienen waren, wurde der frühere Präsident Heinrich Müller sen. wegen seiner besonderen Verdienste einstimmig zum Ehrenpräsidenten ernannt. Die Mehrheit sprach sich nach eingehender Diskussion außerdem für den Vorschlag aus, in Traar erstmals eine Jungschützengruppe zu bilden. „Die in Frage kommenden Jugendlichen von 16 bis 18 Jahren (sollten) nur in einer besonderen Gruppe unter strenger Beachtung des Jugendschutzgesetzes mitmachen dürfen.“
Die Eröffnung des Vogelschießens durch Präsident Wilhelm Rexforth
Das Vogelschießen fand am 11. Mai 1958 statt. Die Aktiven traten um 14:00 Uhr auf der Kemmerhofstraße an, wo der alte König Wilhelm II. (Rexforth) in Begleitung des Ehrenpräsidenten Heinrich Müller sen., des Schirmherrn Dr. Ulrich Lange und des Generals Peter Küppenbender unter den Klängen des Präsentiermarschs die Front abschritt. Danach ging es mit klingendem Spiel zum Schießplatz in der alten Sandgrube auf dem Egelsberg. Dort eröffnete der Präsident das Schießen; es folgten eine Reihe von Honoratioren, der Vorstand und alle Aktiven. Nach hartem Kampf gelang es dem 2. Präsidenten Heinrich Müller jun. erst um 20:02 Uhr, mit dem 996. Schuss den Rest des Vogels abzuschießen und damit die Königswürde zu erringen. Nachdem der langanhaltende Jubel über den neuen, erst 30 Jahre alten König etwas abgeebbt war, ging es im geschlossenen Zug zum Zentralhof Jansen, wo König Heinrich I. (Müller) seine Ehefrau Christel zur Königin erwählte und folgende Minister ernannte: Innenminister Michael Berrisch, Außenminister Erich Icks, Finanzminister Willi Rütten und Kriegsminister Walter Jansen.
In der Presse wird von der Proklamation berichtet, dass „eine ganz zünftige Stimmung“ herrschte. Weiter hieß es in dem Artikel:
„Leider kam es dann aber wieder zu den ersten Unstimmigkeiten, als ausgerechnet der Kriegsminister sich zu aufrührerischen Redensarten hinreißen ließ, sich offen auf die Seite der berüchtigten Freischärler stellte und damit selbstverständlich bei dem Rebellengeneral Jakob van Bommel lebhafte Unterstützung fand.“
Nachdem die Freischärler eine Kriegserklärung übermittelt hatten, wandte sich General Peter Küppenbender pflichtgemäß an die Meuterer und legte dar, dass die Truppe dem König treu ergeben sei und jede Rebellion im Keim ersticken würde.
Beim Festbankett am Samstag, dem 31. Mai 1958, hielt Schirmherr Dr. Ulrich Lange die Festansprache und krönte Königin Christel I. (Müller).
Schirmherr Dr. Ulrich Lange bei der Krönung von Königin Christel I. (Müller)
An der Gestaltung des Festbanketts wirkten seinerzeit auch der Männer-Gesang-Verein Traar von 1850 und der Turnverein Traar von 1910 mit. Die Sänger gaben in zwei Blöcken jeweils mehrere Lieder zum Besten. Die Turner führten Bodengymnastik sowie Barrenturnen im Zelt vor.
Im Verlaufe des Abends ergriff Jakob van Bommel, der Kommandant der rebellierenden Freischärler, unangekündigt das Wort. Er erschien plötzlich vor dem Thron und forderte im Namen der Freischärler, die erstmals keine historischen Uniformen, sondern ihre heutigen Kostüme trugen, die Abdankung von König Heinrich I. (Müller).
Rebellengeneral Jakob van Bommel bei seiner angriffslustigen Rede
Der König ging auf diese Forderung jedoch nicht ein, sondern hielt seinerseits eine Ansprache und beförderte in deren Verlauf General Peter Küppenbender zum Ehrenmarschall sowie Willi Hufer zum General. Das Festbankett endete erstmals in der Vereinsgeschichte mit dem Großen Zapfenstreich, den die Orchestervereinigung Traar und das Trommlerkorps St. Tönis darboten.
Am Sonntag, dem 1. Juni 1958, standen um 08:30 Uhr das Antreten zum Kirchgang und um 09:00 Uhr das feierliche Hochamt auf dem Programm. Anschließend traten die Schützen auf der Moerser Landstraße an, wo König Heinrich I. (Müller) mit seinem Gefolge die Front abschritt. Die Aktiven unternahmen einen kleinen Umzug durch das Dorf und präsentierten ihre Waffen bei der nachfolgenden Königsparade. Diese musste jedoch unterbrochen werden, weil ein Abgesandter des Rebellengenerals dem König die „Letzte Erklärung“ überreichte, worin die „Rebellen und Freischärler“ ultimativ forderten, dass der König bis zum Mittag des 3. Juni 1958 auf ihre Erklärung vom 11. Mai 1958 reagieren sollte.
Die letzte Erklärung vom 1. Juni 1958
Die weiteren Umzüge konnten sonntags und montags wieder ohne Unterbrechung und Störung stattfinden. Die Schützen rückten über die damals kaum bebaute Kemmerhofstraße an und holten König Heinrich I. (Müller) zu Hause ab. Der Vorstand mit Präsident Wilhelm Rexforth an der Spitze zog hinter den Königs- und Ministerkutschen zu Fuß im schwarzen Anzug und mit Zylinder geschlossen mit.
Der Vorstand marschiert hinter den Kutschen des Königshauses
Der große Umzug führte auch durch den Park des Schirmherrn Dr. Ulrich Lange. Er und seine Gattin kredenzten eigenhändig den durstigen Kehlen einen kühlen Trunk, wie der Chronist festgehalten hat. Dabei trauten sich die Rebellen am Sonntag und Montag nur in ziviler Kleidung ins Festzelt.
Rebellen amüsieren sich in Zivil im Festzelt
Am Dienstag, dem 3. Juni 1958, riefen die Schill’schen Offiziere vormittags den Sanitätsdienst zu Hilfe, weil sie mehrere Krankheitsfälle zu verzeichnen hatten. Arzt und Apotheker konnten die erkrankten Offiziere „durch rauhe, aber wirksame Methoden sofort heilen“.
Ab mittags machten die Rebellen die Straßen unsicher. Sie errichteten Barrikaden und besaßen sogar die Frechheit, vor dem Hause des Generals eine eigene Parade zu veranstalten.
Die Rebellen bei ihrer eigenen Parade
Beim Festumzug am Dienstagnachmittag sicherte die Königsgarde die Kutsche mit dem Königspaar besonders stark. Doch plötzlich donnerten Kanonenschüsse über den Zug. Die genesenen Schill’schen Offiziere liefen zu den Rebellen über und griffen gemeinsam mit diesen die königstreuen Truppen an. Als Letztere die Aufständischen immer weiter zurückdrängten und die Barrikaden fielen, wurde bekannt, dass es einer kleinen Gruppe der Rebellen gelungen war, Königin Christel I. (Müller) zu rauben. Die Schützen konnten aber den größten Teil der Rebellen und die Schill’schen Offiziere gefangen nehmen und ins Festzelt abführen. Dort trotzte der Kriegsminister Walter Jansen den Rebellen ab, die Königin gegen ein angemessenes Lösegeld wieder freizulassen. Der Rebellengeneral führte die unversehrte Königin ins Zelt und übergab sie ihrem König.
Der Rebellengeneral geleitet Königin Christel I. ins Festzelt
Nach der Freilassung der Königin versöhnten sich das Königshaus und die Rebellen. Eine ganz andere Behandlung erfuhren die übergelaufenen Schill’schen Offiziere. Sie waren Abtrünnige und Verräter. Deshalb stand ihr Schicksal fest: Sie wurden zum Tode durch Erschießen verurteilt und sogleich im Festzelt zum Schein hingerichtet.
Nach diesen turbulenten Ereignissen trat wieder Ruhe ein. König Heinrich I. (Müller) dankte allen und sprach Beförderungen aus. Man blieb noch einige Stunden bei Tanz und Frohsinn beisammen. Dann endete ein sehr gelungenes Schützenfest so langsam.
Das Königshaus beim Schützenfest 1958
Bei der Abschlussversammlung am 13. Juli 1958 im Zentralhof Jansen blickten die Traarer Schützen mit Freunde auf ein wunderschönes Schützenfest zurück. Es war auch wirtschaftlich erfolgreich. Den Einnahmen von 15.790,31 DM standen Ausgaben von insgesamt 14.770,44 DM gegenüber, so dass ein Überschuss von 1.019,87 DM verblieb. Die Verwendung dieses Überschusses wurde besprochen: Die Aufstellung einer Bank für alte Leute im Ortszentrum wurde abgelehnt. Dagegen beschloss die Versammlung einstimmig, dem Kindergarten bis zu 150,00 DM für ein Gestell zu stiften. Außerdem sollten die aktiven Mitglieder beim Sterbefall vom Schützenverein einen Kranz bekommen. Die Restsumme des Überschusses sollte auf einem Sparkonto angelegt werden und beim nächsten Schützenfest als Anfangskapital dienen.
Darüber hinaus bestimmte die Versammlung, dass drei Schützen dafür Sorge tragen sollten, dass alljährlich eine Abordnung des Schützenvereins bei der Fronleichnamsprozession mitzog. Die Kosten für die Uniformen sollten die Beteiligten selbst tragen. Die Gründung eines dauerhaft bestehenden Schützenvereins lehnte die Versammlung erneut ab. Vielmehr trat der Vorstand nach verschiedenen Dankesreden geschlossen zurück. Der 1. Präsident Wilhelm Rexforth und im Falle seiner Verhinderung der 2. Präsident Heinrich Müller jun. wurden schließlich beauftragt, am dritten Sonntag im Oktober des Jahres 1962 die nächste Versammlung des Bürgerschützenvereins einzuberufen.
Das alleinige Urheberrecht dieses Beitrags liegt beim Verfasser Dr. Walter Potthast.
P.S. Der Verfasser dankt Günter Schmitz für die Überlassung von zwei gut illustrierten Fotoalben von den Schützenfesten 1953 und 1958.